Badische Zeitung vom Mittwoch, 1. Dezember 2004
Schüler
sollen mit Kopf, Herz und Hand
lernen
In
Räumen der WG Ballrechten-Dottingen startet im März das
"Lernwerkhaus" mit der Unterrichtung von Vorschulkindern
Von unserer Mitarbeiterin Sabine Model
BALLRECHTEN-DOTTINGEN.
Wo bisher der Castellberger Wein verkostet, vermarktet und verwaltet
wurde,
wird ab März 2005 die "Kinderschule Lernwerkhaus" Einzug halten.
So
bekommen die durch Fusion der Winzergenossenschaft
Ballrechten-Dottingen mit der
Bezirkskellerei Markgräflerland Efringen-Kirchen frei werdenden
Räume eine neue
Funktion.
Zahleiche
Eltern informierten sich bei einer Impulsveranstaltung über die
Ziele und die
Initiatoren dieser Einrichtung. Detlef Baatz ist
Diplom-Sozialpädagoge. Er
sammelte Erfahrungen in Sonderschulen und Kindertagesstätten. Der
46-jährige
ist Vorsitzender des Trägervereins "Lernwerkhaus", dessen Vorstand
auch das Ehepaar Brigitte und Reimund Eberle angehört. Seine
Lebenspartnerin
Mechthild Schatz hatte Leitungsfunktionen in Bad Krozinger
Kindergärten. Jetzt
führt sie als Kommunikations- und Familientrainerin ein Zentrum
für Familie,
Erziehung und Bildung in Ballrechten-Dottingen. In der Schule
übernimmt sie die
Geschäftsführung.
Um
das Prinzip der freien aktiven Grundschule zu erläutern, war Rolf
Robischon aus
Freiburg eingeladen. Der pensionierte Leiter einer staatlichen Schule
hatte
1988 die Arbeitsweise geändert. Er wollte keine Schule, die wirkt
wie
"Bühne, Andacht, Zirkus, Krankenhaus oder Strafvollzug". Seine
Schule
glich eher "Werkstatt, Labor, Börse, Markt, Feld, Wald, Wiese und
Bach". Dort machte er selbst organisiertes kooperatives Lernen
möglich. Er
nahm jedes Kind ernst, gewährte jedem seinen Entwicklungsprozess
im eigenen
Tempo mit individuellen aktuellen Lerninhalten. Für diese
Einstellung habe er
jahrelang Misstrauen und Kontrollen der Schulbehörden ertragen, so
Robischon.
Auch
die "Kinderschule Lernwerkhaus" will eine solche ganzheitliche
Bildungseinrichtung werden, mit einem Vorschulbereich für Kinder
ab drei Jahren
und einer freien aktiven Grundschule, von denen es bereits zehn in
Baden-Württemberg und bundesweit cirka 60 gibt. Das besondere
Konzept auf
Grundlagen von Maria Montessori, Célestin Freinet sowie Rebecca
und Mauricio
Wild ist vom Kultusministerium genehmigt. Die Anerkennung, verbunden
mit einer
finanziellen Förderung, wird aber frühestens nach drei Jahren
möglich.
Voraussetzung für den Grundschulbereich ist die Einstellung einer
staatlich
anerkannten Lehrkraft.
Die
Kinder lernen ganzheitlich. Das von Pestalozzi postulierte "Lernen mit
Kopf, Herz und Hand" wird praktiziert, wobei der individuelle
Entfaltungsprozess des Kindes den Zeitplan vorgibt. Denn, so glauben
die
Initiatoren: "Kinder sind keine Fässer, die gefüllt, sondern
Feuer, die
entfacht werden wollen". Einen Stichtag für den Wechsel vom
Vorschul- in
den Grundschulbereich gibt es nicht. Alle Klassenstufen von eins bis
vier
werden zusammen begleitet. Sport im herkömmlichen Sinne wird nicht
angeboten.
Bewegung im Freien ist jedoch ein wesentlicher Faktor. Das Lehrmaterial
wird
selbst hergestellt und orientiert sich am Grundschullehrplan. Es wird
zur
Verfügung gestellt, kann aber von den Kindern unterschiedlich
genutzt werden.
Die Erwachsenen sind Lernbegleiter. Frontalunterricht findet nicht
statt.
Gearbeitet wird in Interessengruppen. Niemand bleibt sitzen,
höchstens etwas
länger in der Schule. Wer nach mindestens vier Jahren im
Grundschulbereich auf
eine weiterführende Schule wechselt, muss mit einer schulexternen
Prüfung
rechnen.
Begonnen
werden soll im März 2005 mit 15 Kindern im Vorschulbereich. Ab
September 2005
kommt der Grundschulbereich mit 15 Kindern dazu. Maximal kann auf
insgesamt 100
Kinder aufgestockt werden. Die Schule ist täglich geöffnet
von 8 Uhr bis 14 Uhr,
jedoch ohne Mittagessen. Die Ferienzeiten lehnen sich an die
staatlichen
Schulen an. Das Schulgeld ist einkommensabhängig gestaffelt. Der
Mindestbeitrag
liegt bei 180 Euro im Monat. Dazu kommt ein einmaliger Betrag von 200
Euro für
Arbeitsmaterial.
Ansonsten
will sich
die Schule durch Zuschüsse, Sponsoring, Fundraising, Darlehen und
Spenden
finanzieren. Gegründet werden soll überdies ein
Förderverein. Die intensive
Mitarbeit der Eltern ist Bestandteil des Konzepts. Der nächste
Infoabend in der
WG Ballrechten-Dottingen ist Donnerstag, 13. Januar 2005, um 20 Uhr.
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